
Ein ganz besonderes Haustier
Leider bemerke ich oft, dass viele Menschen eine völlig falsche Vorstellung von Leben und Haltung von Schildkröten haben. Zoos und Zoohändler vermitteln leider oft ein ganz falsches Bild, was die Haltung und insbesondere die Ernährung von Landschildkröten anbetrifft. Deshalb möchte ich hier kurz über die wichtigsten Aspekte einer artgerechten Haltung informieren. Wer sich wirklich genau mit diesen besonderen Tieren auseinandersetzen möchte, sollte in jedem Fall aber ein Fachbuch zum Thema lesen (nicht im Internet!!), ich kann euch da gerne was empfehlen, möchte hier aber keine Werbung machen. Schildkröten sind kein Haustier für ein paar Jahre. Bei richtiger Haltung und Ernährung können sie über 100 Jahre alt werden. Die Anschaffung einer Schildkröte sollte daher genau überlegt und die Entscheidung von der ganzen Familie getroffen werden. Die Grundvoraussetzungen sind ein sonniger Platz im Freien und ein Ort für die sichere Überwinterung. Ansonsten ist die Schildkröte ein pflegeleichtes und interessantes Haustier.
Was du wissen musst
Die Haltung
Schildkröten gehören nicht ins Terrarium. Sie brauchen natürliches Sonnenlicht und Wärme. Ein sonniger Platz im Garten mit leckeren Futterpflanzen, Versteckmöglichkeiten, hier und da auch mal ein schattiges Plätzchen und ein Wassernapf der groß genug ist, dass die Schildkröte auch darin baden kann, machen dein Tier glücklich. Für Jungtiere ist eine Fläche von 1m² schon ausreichend. Das Gehege sollte aber mit der Größe der Schildkröte mitwachsen können. Aus Wurzeln und Steinen kannst du leicht ein interessantes, naturnahes Gehege gestalten. Perfekt ist es, wenn im Gehege bereits reichlich Futter, also Unkraut wächst. Dann kann deine Schildkröte wie in der Natur, immer wenn sie mag, hier und da ein Blatt fressen. Für kalte Regentage sollte ein kleines Schutzhaus oder Frühbeet zur Verfügung stehen. Das kann man auch selber bauen. Ein lichtdurchlässiger Deckel, z.B. aus Doppelstegplatten, ist sehr nützlich, da auch wenig Sonnenschein den Innenraum schnell aufwärmt und den Schildkröten auch an kühleren Tagen einen warmen, hellen und trockenen Lebensraum bietet. Die Wände des gesamten Geheges müssen blickdicht sein. Einen durchsichtigen Zaun aus Gittern oder Glas können Schildkröten nicht sehen und würden ständig versuchen, durch zu laufen. Hoch genug ist die Einfriedung, wenn die obere Kante von der Schildkröte, auf den Hinterbeinen stehend, mit den Armen nicht erreicht werden kann. Für kleine Schildkröten in den ersten Lebensjahren muss der Freilauf von oben durch ein Gitter oder Netz gegen Fressfeinde geschützt werden.

Das richtige Futter

Die Winterstarre
Schildkrötenfutter musst du nicht kaufen. Schildkröten ernähren sich ausschließlich von Wildkräutern, wir nennen es gern Unkraut. Das beste Futter wächst also auf jeder Wiese. Es kann so ziemlich jedes Unkraut gefüttert werden. Nur Gras fressen sie nicht. Man kann gerne experimentieren und vom Spaziergang die verschiedensten Pflanzen mitbringen. Keine Angst vor Giftpflanzen! Schildkröten wissen genau, was gut für sie ist und auch bei den essbaren Wildkräutern sind die Geschmäcker der Tiere verschieden. Nicht alle fressen alles. Löwenzahn, Spitzwegerich und Klee mögen aber alle. Für einen festen Panzer und Knochen sollte immer zusätzlich Kalk in Form von Sepia-Schulpen angeboten werden. Wer in nächster Zeit keinen Urlaub am Meer plant, darf den Tintenfischknochen auch gern beim Zoohändler oder im Internet kaufen...
Auch wenn es z.B. im Zoo oder Zoohandel oft so aussieht: Salat, Tomaten und jedes eigens für den menschlichen Verzehr gezüchtete Lebensmittel ist kein geeignetes Schildkrötenfutter! Es sollte, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise gefüttert werden. Es ist von der Nährstoffzusammensetzung nicht optimal und dient höchstens als mittelmäßiger Ersatz für gesundes Futter. Schildkröten haben lange vor den Menschen auf der Erde gelebt und konnten sich prima allein ernähren, lange bevor der Mensch anfing, Ackerbau zu betreiben! Für Landschildkröten absolut ungeeignet und ungesund sind sämtliche im Handel erhältliche Futtersticks. Sie enthalten so ziemlich alles, was nicht in eine Landschildkröte gehört. Das kann schwerwiegende gesundheitliche Schäden verursachen. Sie sollten NIE - auch nicht ausnahmsweise - gefüttert werden. Falls du dich fragst, warum der Zoohändler das dann verkauft: Mit Löwenzahn kann er kein Geld verdienen...
Schildkröten sind wechselwarm, das heißt sie können ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren. Um aktiv zu werden, müssen sie sich in der Sonne aufwärmen. Darum sollte das Freigehege an der sonnigsten Stelle im Garten stehen. Wenn im Herbst die Nächte kühler werden, beginnen Schildkröten, sich auf die Winterstarre vorzubereiten. Sie werden weniger aktiv, graben sich abends ein und fressen weniger oder gar nichts mehr. Jetzt sollten sie die Nacht immer im Frühbeet bzw. Schutzhaus verbringen. Bald ist es auch tagsüber zu kalt. Sie bleiben dann in der Erde vergraben. Jetzt ist es Zeit, einen sicheren Platz für die Winterstarre vorzubereiten.
Am sichersten überwintert die Schildkröte in einem separaten Kühlschrank. Das Wichtigste ist die richtige Temperatur und die kann im Kühlschrank einfach am Besten eingehalten werden. Du kannst den Kühlschrank schon einige Tage früher einschalten und die Temperatur auf etwa 5-7°C einstellen. Ein kalter Keller oder Schuppen bietet sich ebenfalls an, hier sollte aber regelmäßig die Temperatur überprüft werden. Sie muss immer zwischen 0° und maximal 8°C liegen. Keinesfalls darf es regelmäßig wärmer sein, dann wird´s gefährlich!
Eine Box wird zuerst zu einem Drittel mit feuchter Gartenerde gefüllt. Darauf wird die Schildkröte gesetzt. Mit Moos aus dem Wald wird sie zugedeckt und schließlich die Kiste mit trockenem Buchenlaub gefüllt. Die Erde muss über den Winter immer leicht feucht gehalten werden. So sicher verpackt kommt die Schildkröte in ihr Winterquartier. Sie ist nun völlig inaktiv. Sie frisst nicht, bewegt sich kaum und schläft bis zum Frühling. Sie nimmt in dieser Zeit weder zu noch ab und wächst auch nicht. Die Winterstarre ist für die Gesundheit der Schildkröte wichtig und wenn sie richtig durchgeführt wird, auch ganz ungefährlich. Schon die jüngsten Schlüpflinge halten vom ersten Winter an Winterstarre.
Schildkröten müssen nicht wie Bären oder Igel über den Winter ihre Körpertemperatur halten, darum verbrauchen sie in der Winterstarre keine Energie in Form von Fett oder Muskelmasse. Es gibt also kein "zu klein" oder "zu wenig Gewicht". In der Winterstarre wird kein Gewicht verbraucht!!
Da die Aktivität der Schildkröte an die Umgebungstemperatur und Sonnenstrahlung gekoppelt ist, passiert das "Erstarren" bei den sinkenden Temperaturen ganz automatisch und zwar bei Schlüpflingen genauso wie bei erwachsenen Tieren! Es ist sehr wichtig, dass den Tieren Zeit bleibt, sich auf die nahende Winterstarre vorzubereiten. Sie fressen nicht mehr, brauchen aber noch Sonne um die letzte Nahrung zu verdauen und den Darm bis zum Winter möglichst vollständig zu entleeren. Sie bemerken das selbst durch die sinkenden Temperaturen nachts und auch am Tag. Deshalb sollten Schildkröten keinesfalls in der Übergangszeit ins Haus geholt werden, auch nicht nachts. Sie spüren dann den Temperaturwechsel nicht und können sich nicht auf den nahenden Winter vorbereiten. Besser ist ein gut gedämmtes Frühbeet mit Gartenerde und ohne Boden, damit die Tiere sich selbst vor der Kälte schützen und eingraben können. Sie können so lang wie möglich darin bleiben. Ein gelegentlicher sonniger Herbsttag wird noch gern für ein kurzes Sonnenbad genutzt. Erst wenn sie gar nicht mehr zum Sonnenbaden auftauchen oder Minusgrade kommen, sollte man sie ins endgültige Winterquartier bringen.
Zurück in den Garten kann die Schildkröte, wenn kein Frost mehr kommt, es tagsüber sonnig ist, damit sie sich wieder aufwärmen kann und wenn die Pflanzen zu wachsen beginnen. Wer die entsprechende Technik hat, kann sie etwas früher auswintern und mit einer Wärmelampe aushelfen. Ich halte nichts von einem "Übergangsterrarium", um die Winterstarre zu verkürzen. Im Terrarium ist es zu trocken, das Licht ist nicht annähernd so stark wie die Sonne und solange kein geeignetes Futter draußen wächst, muss man zwangsläufig zu ungeeigneten Alternativen greifen. Keine Sorge, dass die Winterstarre zu lang wird! Da Schildkröten in der Starre keine Energie verbrauchen, müssen sie nicht zwingend nach einer Zeit X ausgewintert werden, um zu fressen. Natürlich ist der Winter hier länger als in Griechenland. Eine längere Winterstarre ist aber meiner Meinung nach die bessere Alternative als eine Zeit im Terrarium unter schlechten Bedingungen.
Groß & Klein
Zwischen Juli und September, nach etwa 60 Tagen im Brutkasten, schlüpfen aus den Eiern die Schildkrötenbabys. Sie sind anfangs nur etwa so groß wie eine Wallnussschale und wiegen wenige Gramm. In ihrer Aktivitätszeit von Frühjahr bis Herbst wachsen die Tiere. Man erkennt den Zuwachs als hellen Streifen am Rand der Schilde.
Mit etwa 10 bis 12 Jahren haben sie ihre relative Endgröße erreicht. Sie wiegen nun rund 1 kg und passen kaum noch auf die Hand eines Erwachsenen. Endgültig ausgewachsen sind Schildkröten nie. Sie wachsen ein Leben lang, dann aber nur noch langsam.
Gruppenhaltung
Junge und auch erwachsene Schildkröten können allein oder in Gruppen gehalten werden. Die meisten Halter entscheiden sich für eine kleine Gruppe von 2 bis 3 Tieren. Jungtiere verstehen sich gut und bleiben meistens sogar nah zusammen. Mit Beginn der Geschlechtsreife kann es aber Probleme geben. Bei Jungtieren ist das Geschlecht noch nicht erkennbar und abhängig davon, als was sie sich entpuppen, muss die Gruppe dann möglicherweise noch einmal angepasst werden.
Ein Männchen und ein Weibchen sind ein schlechtes Team, da das Männchen das Weibchen mit ständigen Paarungsversuchen stresst. Pro Männchen sollte man mindestens zwei Weibchen halten. Die Männchen in der Überzahl geht absolut nicht, sie würden das Weibchen viel zu sehr unter Druck setzen und sich untereinander mit Revierkämpfen das Leben schwer machen. Wenn mehrere Männchen ohne Weibchen zusammen leben, kann das aber gut gehen. Die ruhigste Gruppe ist ein reines Mädels-Team.
Bei griechischen Landschildkröten hängt das Geschlecht von der Bruttemperatur ab. Ich brüte bei 33°C, dabei sollten es überwiegend Weibchen werden. Da sie schwer zu vergesellschaften sind, sind Männchen oft nicht gefragt und sollten nicht extra gebrütet werden. Wer ein Männchen sucht, findet oft auch eins im Tierheim.
Die Fotodokumentation
Griechische Landschildkröten sind vom Aussterben bedroht und im Anhang A des Washingtoner Artenschutzübereinkommens gelistet. Das heißt, sie stehen unter strengstem Artenschutz. Um zu verhindern, dass Tiere aus der Natur entnommen und verkauft werden, dürfen griechische Landschildkröten nur mit einem Nachweis verkauft werden, dass sie in Gefangenschaft gezüchtet und geboren wurden. Dieser Nachweis erfolgt durch eine EU-Bescheinigung, die dem Züchter vom Landratsamt ausgestellt wird und die durch eine fortlaufende Fotodokumentation ergänzt wird.
Griechische Landschildkröten dürfen nur mit dazugehöriger EU-Bescheinigung gekauft und verkauft werden!
Wer ein Tier kauft ist verpflichtet, den Erwerb bei seinem Landratsamt, untere Naturschutzbehörde/Umweltamt zu melden und die Bescheinigung dabei vorzulegen.
Weiterhin ist der Tierhalter verpflichtet, die Fotodokumentation in regelmäßigen Abständen um aktuelle Fotos zu ergänzen. Bauch- und Rückenpanzer müssen sauber und gut erkennbar sein und die Größe muss auf dem Bild ersichtlich sein. Dies kann durch 1x1cm-Karopapier als Untergrund (gibt es im Internet zum Ausdrucken) oder z.B. einem Lineal auf dem Bild erfolgen. Wie oft die Bilder aktualisiert werden müssen, steht auf der Bescheinigung. Die neuen Bilder müssen dann beim Landratsamt vorgelegt werden.
Die EU-Bescheinigung ist ein wichtiges Dokument und kann nicht ersetzt werden. Bitte bewahrt sie sorgfältig auf! Nur mit Bescheinigung mit fortlaufend geführter Fotodokumentation ist ein späterer Verkauf des Tieres möglich!!


Allgemeines zum Kauf
Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, eine oder mehrere griechische Landschildkröten aufzunehmen, informiert euch bitte vorher genau. Meine Internetseite soll einen Überblick geben. Es ist aber auch ratsam, Bücher zum Thema zu lesen. Überlegt euch, wie und wo ihr die Winterstarre durchführen möchtet und wieviel Platz ihr für ein Freilandgehege habt.
Dann muss noch die Frage geklärt werden, ob es eine oder mehrere werden sollen und ob ihr mit Jungtieren starten oder gleich eine Gruppe älterer Tiere erwerben möchtet. Bei Jungtieren ist das Geschlecht noch nicht erkennbar. Über das Geschlechterverhältnis in der Gruppe lest bitte auch den Abschnitt "Gruppenhaltung". Möglicherweise muss die Gruppe im Erwachsenenalter getrennt oder ergänzt werden. Die Gehegegröße muss auch der Größe der Tiere angepasst werden. Es sind also mehrmals "Umbaumaßnahmen" nötig. Dafür könnt ihr aber auch die kleine Schildkröte von Anfang an begleiten und ihr von klein auf ein schönes Leben ermöglichen.
Bei adulten Tieren könnt ihr die Gruppe passend zusammenstellen oder eine bestehende Gruppe kaufen. Diese sind aber schwer zu bekommen und sehr teuer. Allgemein gilt: Männchen bekommt man immer, da lohnt sich auch ein Besuch im Tierheim. Wer nur ein einzelnes, erwachsenes Tier halten möchte, kann einem Tier aus dem Tierheim ein neues Zuhause schenken.
Falls ihr Babys aufnehmen möchtet, kauft sie bitte nur beim verantwortungsvollen Züchter. Nicht in der Zoohandlung!